Learning & Unlearning – „Partners in Crime“

„Die reinste Form des Wahnsinn ist es, alles beim Alten zu belassen und zu hoffen, dass sich etwas ändert.“

Unlearning ist ein Begriff, der noch viel zu wenig Beachtung bekommt. Der Fokus liegt immer noch vermehrt auf dem Lernen von Neuem.

Gleichzeitig befinden wir uns in Zeiten des intensiven Umbruchs, steigender Komplexität und Unsicherheit , die uns dazu einladen altbewährte Konzepte im aktuellen Kontext zu hinterfragen.   

Wenn ich als Learning & Development Expertin das Thema Unlearning ins Gespräch bringe, fallen die Reaktionen meist sehr unterschiedlich aus. Sie reichen von absoluter Begeisterung und regem Interesse, bis zu einem Funken des Entsetzens und Widerstandes. 

„Unlearning? Wie soll das gehen? Ich will nichts vergessen, was einmal wichtig für mich war.“

Koffercheck

Was bedeutet Unlearning?

„Nichts vergessen, was einmal von Bedeutung war“ beschreibt bereits eine der Unlearning-Herausforderungen sehr treffend: die Interpretation von Unlearning, dass wir etwas ignorieren sollen oder müssen, was schon Mal da war. 

Wenn wir das Wort im Deutschen mit „Verlernen“ übersetzen, denken wir daran, dass wir zum Beispiel eine Fremdsprache verlernt haben, ein Instrument nicht mehr gut spielen können, etc., oder kurz gefasst:  bestimmte Kenntnisse verloren haben, die uns einmal wichtig waren. Das kann Gefühle des Bedauerns, Scham und Trauer hervorrufen. 

Deshalb bevorzuge ich bei der Übersetzung von Unlearning das Wort „Entlernen“. Es spiegelt besser wider, das der Prozess bewusst herbeigeführt bzw. sogar gewünscht wird, weil uns das Gelernte jetzt im Weg steht. 

 

Unterscheidung von Unlearning und Forgetting

Unlearning
Entlernen

Das bewusste und gezielte Loslassen von Wissen, Mindset, Verhalten, Konzepten

Forgetting
Vergessen

Der Verlust oder das Eliminieren von Wissen, Routinen etc. das oft nicht geplant oder beabsichtigt ist.

Wofür braucht es Unlearning im Learning?

Als erwachsene Person, haben wir uns bereits ein umfangreiches Repertoire an Wissen und Expertise angeeignet. Ich stelle mir das wie einen Erfahrungskoffer vor, den wir auf unserer privaten und beruflichen Lebensreise prall gefüllt haben. Wir haben viel Energie investiert, ihn so zu bepacken, wie er gerade ist. Für lange Zeit war dieses Wissen, Mindset, Verhalten, etc., ein verlässlicher Begleiter unseres (Berufs-)Lebens. 

Kofferinhalte mit den neuen Reisedestinationen abgleichen

Unsere Reisedestination ändert sich jedoch durch neue Chancen und Herausforderungen laufend.
Die Folge: Ein kontinuierlicher Lernprozess, der uns einlädt, neue Inhalte in unseren Reisekoffer zu packen. Die Digitalisierung, aber auch neue Konzepte zu Kommunikation oder Führung verlangen nach neuen Zugängen, Methoden und Skills. 

Dafür gibt es zahlreiche Weiterbildungen und Kurse, die sich mit diesem neuen „Input“ auseinandersetzen und aktuelle Informationen zur Verfügung stellen. 

ABER – Wie oft waren Sie schon in Trainings von neuem Wissensinput begeistert und konnten sich nach wenigen Wochen an sehr wenig bis nichts mehr erinnern? Aus eigener (Konsumenten-)Erfahrung passiert das leider sehr oft! Woran liegt das?  

Wichtigkeit vom Inhaltscheck beim Reisegepäck

Ein Grund warm das neue Wissen nicht bleibt: Es gibt keine Überprüfung was denn bereits im Lernreisekoffer mitgebracht wird. Wenn Vorhandenes mit Neuem im Gehirn nicht sinnvoll verknüpft wird oder das Neue dem „Alten“ sogar widerspricht, ist nachhaltiges Lernen in Gefahr. Unser Gehirn ist nämlich ein Energiesparer und greift bevorzugt auf Informationen, Verhalten, Mindset etc. zurück, das bereits länger bekannt ist.  

Meine Unlearning Empfehlung 

Daher empfehle ich durch verschiedene Erlebnisse während eines Workshop den Teilnehmenden eine Art Bestandaufnahme ihres aktuellen Mindsets, Erfahrungen, Wissen etc. zu ermöglichen. Durch das Auseinandersetzen mit bestimmten Fragestellungen bzw. Bearbeitung von Themen und Austausch in der Gruppe, setzen sich die Teilnehmenden proaktiv und individuell mit dem Thema auseinander und werden nicht frontal „berieselt“. 

Dann wird den Teilnehmer:innen sichtbar, was sie aus dem Koffer entnehmen oder gezielt ergänzen können. 
Das Sichtbarmachen, das Öffnen des Gepäcks, ist also ein erster Schritt Richtung gezieltes Loslassen von hinderlichem Wissen, überholten Konzepten und starrem Mindset. 

Mit herzlichen Grüßen
Janine

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